Bunt geht es zu in diesen tollen Tagen ...

Liebe Mitchristen!
Lassen sie mich die heutige Predigt am Faschingssonntag in Reimen vortragen. Ich habe diese Zeilen in meinen Unterlagen entdeckt und sie haben mich fasziniert. Denn sie verbinden den Fasching mit dem Ernst des heutigen Evangeliums.
Bunt geht es zu in diesen tollen Tagen,
wenn Leute in Gewänder schlüpfen,
die sie normalerweise niemals tragen,
und lustig durch die Straßen hüpfen.
Manch eine Rolle ist pikant:
Der Narr darf vieles sich erlauben,
darf tanzen, singen außer Rand und Band,
und es ist wirklich kaum zu glauben,
wer da - unter Schminke gut versteckt -
mit froher Laune und mit Fantasie
so manche Narretei ausheckt,
die sonst getraut er hätt' sich nie.
Hinter buntem, schönem Schein
lugt gern so manche Wahrheit vor;
das kann beim Fasching schon maI so sein,
denn nah beinander sind der Weise und der Tor.
Gerad' dies Letzte hat Tradition;
denn immer wollten weise Narren es wagen,
im Kleid von Spott und schelmischem Hohn
sogar den Großen die Wahrheit zu sagen.
So galt schon zu der alten Griechen Zeit
als verrückt so mancher kluge, weise Mann.
Denn was so einer sagt in Offenheit,
man nur Narren durchgeh'n lassen kann.
Einer von denen hieß Diogenes,
lebte äußerst bescheiden in der Stadt Athen
und sprach für mancher Ohren Ungezogenes.
Bei hellem Tag ließ er mit einer Laterne sich sehn.
,,lch such Menschen", rief er im Getümmel der Stadt.
Wir sind doch Menschen, dachten die Leute bei sich
und lachten: Ob der sie wohl noch alle hat...?
,,lhr Menschen seid nicht wirklich menschlich",
sagt der weise Narr, ,,euer Tun zeigt es an"
Da jagt man ihn schon zum Tor hinaus;
dass er als Narr galt, war noch gut für diesen Mann,
vielleicht würd' sein Leben sonst gelöscht ganz aus.
,,lch suche Menschen, die menschlich handeln",
dies sagt mit andern Worten auch ein anderer,
der ebenfalls als Narr gilt mancherort:
ein Prediger und durch die Lande Wanderer,
der hören ließ manch erstaunliches Wort.
Schmerzt euch der Vertust der letzten Hemden?
Ich sag euch: ihr sollt auch den Mantel lassen,
ihn übergeben einem völlig Fremden.
Und nicht mal eure Feinde sollt ihr hassen!
Verrückt scheint vielen solch eine Predigt,
fernab jeder Wirklichkeit der Welt.
Wer so lebt, der ist doch bald erledigt,
verliert den Ruf, den Erfolg und auch das Geld.
Ein weltlich Großer wird man kaum,
wenn man sich um des Narren Worte schert.
Ein solch vollkommen Leben wirkt wie ein Traum,
worin Gewalt und Macht sind gar nichts wert.
Wer mächtig, protzig kommt daher,
der kann bei Jesus gar nicht landen
und hatt's auch bei Diogenes schwer,
weil beide das Großtun gar nicht lustig fanden.
Denkt an die Geschichte mit dem großen Alexander,
der Diogenes treffen, mit ihm plaudern wollte.
Der aber blieb hocken in seinem Haus, einer Tonne,
dem Kriegsherrn keine Reverenz er zollte
und sprach. ,,Alex, geh mir endlich aus der Sonne!"
Mit dem Verrückten hab' ich nichts am Hut,
denkt mancher und hat mancher über Jesus einst gedacht.
Ehrwürdige Schriftgelehrte wurden rot vor Wut,
wenn Jesus über ihre strenge Lehre lacht.
Aug um Auge, Zahn um Zahn
galt den Herrn als Spitzen-Gerechtigkeit.
Jesus aber meint: Das ist doch Wahn
und führt zu noch mehr Schlechtigkeit.
Stattdessen leistet keinen Widerstand,
weicht auch feigen Schlägen nicht aus.
Wenn euch nicht ausrutscht eure Hand,
dann geht der Schläger beschämt nach Haus.
Er war noch jung, da kam des Alexanders Ende,
sein Reich zerfiel in Windeseile;
die Weisheit des Diogenes füllt heut' noch Bände,
des Königs Taten nähr'n der Schüler Langeweile.
so ist das auch mit Jesus Christus,
von dem wir kennen die erstaunlichen Lehren,
dass man für Feinde beten muss,
statt sie bedroh'n mit Faust und Gewehren.
Das stellt das Weltbild auf den Kopf
und scheint uns wahrhaft eine Narretei.
Doch: lst sein Rat wirklich nur ein alter Zopf
in dieser Welt voll Krieg und Kämpferei?
Bei allen Vertrags- und Friedensbrüchen -
ist Jesu Vorschlag da so dumm?
Lasst es doch sein mit euren schlauen Sprüchen
und probiert es einfach einmal anders herum.
Ja, wir sind noch weit entfernt davon,
zu leben des Himmets Vollkommenheit.
Doch hätten wir viel dazugewonnen,
wenn wir glaubten an das kleine Stück Heiligkeit,
das der Schöpfer jedem Menschen geschenkt,
ob groß, ob klein, ob schwarz, ob rot.
Darauf hat Jesus unsern Blick gelenkt,
dass wir nicht übersehn des Nächsten Not.
Was hat das zu tun mit Fasching feiern?,
so hör' ich hintergründig fragen.
lch will euch sagen der Narren Moral,
denn dreierlei lernt man in diesen Tagen:
Zum einen ist es oft nicht schlecht,
zu hören auf Worte von scheinbar Verrückten;
wenn wir so versuchten zu leben, echt,
gehört' unser Dasein zum menschlich Geglückten.
Das Zweite, was Weise sagen wollen:
Nimm dich nicht immer so ernst und wichtig,
denn was bedeuten schon die großen Rollen?
Spielt mit ihnen, das ist richtig,
wie wir's jetzt tun mit den Kleidern der Leut':
Ob prächtig, ob arm, ob König oder Bettel Mann,
in welcher Farbe das Leben uns freut,
entscheidend ist, dass einer auch feiern kann.
Der dritte Gedank' gilt dem heiteren Sinn:
Es tut gut, zu Lachen, zu tanzen,
zu vergessen des Alltags trüben Sinn
und sich nicht hinter Fassaden zu verschanzen.
Wenn das bunte Treiben zu Ende dann ist,
bleibt hoffentlich die gelassene Heiterkeit,
die man bei Menschen so oft vermisst
und die doch viel beiträgt zur Menschlichkeit.
So wünsch' ich euch in diesen Tagen viel Spaß,
denn bald schon sind sie wieder vorbei,
verkleidet euch ruhig und feiert auch was,
dass bunt das Gesicht und froh das Herz sei.
Mit dem Herzen dabei sein, das ist viel wert,
das gilt nicht nur für des Faschings Tage.
Drum sei mir als Hirte und Narr nicht verwehrt,
dass ich einen Wunsch jetzt noch sage:
Der Fasching, der hat seinen Sinn,
doch auch die Fastenzeit tut gut;
wendet euren Schritt zur Kirche hin
und lüftet dort den Narrenhut.
Das Aschenkreuz, es tut nicht weh,
die Schminke muss dann runter;
ich hoff', dass ich euch wiederseh',
so halbwegs frisch und munter.
Das wünsch' ich noch, meine Herrn und Damen,
und damit ist Schluss - Lei Lei und Amen.
Quelle: Die Botschaft heute, Ausgabe 12